Nachdem ich beim Bau der Aeronaut Clipper eher enttäuscht worden bin, stieß ich auf der Suche nach eventuell pfiffigeren Modellen in einer ähnlichen Größe auf die Footy Bootsklasse. Viele Pläne sind erhältlich, aber leider sehen viele dieser Boote etwas nüchtern aus. Ich wollte aber ein schönes kleines Segelboot. Nicht unbedingt "scale" aber irgendwie mit einem Hauch Segelromantik. Lange Rede, kurzer Sinn: Ich kaufte mir den Plan für die Presto - Flavio Faloci (2011): How to build the footy model Presto, The Wooden Boat Store, 978-1934982068.
Zum Buch
Das Buch habe ich für 16 Euro bei amazon bestellt und erst einmal zur Seite gelegt. Warum? Weil ich vermutlich ein wenig mehr Präzision erwartet hatte. Die Pläne sind wundervoll gezeichnet, fast so, als ob man sich diese - falls man maritim angehaucht ist - schön gerahmt ins Zimmer hängen könne. Ich hatte zudem Pläne erwartet, die bereits im Maßstab 1:1 enthalten sind. Aber hier bleibt erst einmal der Gang zum Kopierer. Erst eine E-Mail an den Konstrukteur brachte die Gewissheit, dass ich den Kopierer auf 160% einstellen musste und auch dann blieben gewisse Unsicherheiten.
Manche der abgedruckten Bilder zeigen den Presto Erstversuch, also nicht das im Plan angegebene Boot. Es fehlt zum Beispiel auch ein schönes Profil für die Kielbombe, die Faloci aus einem Angelgewicht feilt und die ich bis dato bei keinem der örtlichen Angelläden so finden konnte. Die Pläne zeigen ein anderes Rigging als es die finale Version in den Bildern zeigt. Alles Aspekte, die mich als Nicht-Segler nervös werden ließen.
Zu Beginn des Baus wollte mir die oben geschilderte fehlende Präzision nicht einleuchten, aber mit jedem Schritt in Richtung Vollendung zeigte sich, dass im Prinzip die wichtigsten Dinge auch ohne DIN-Zeichnung klar sind. Die Größe bestimmt das Reglement, der Rumpf wird durch die Stärke der Schichten und die Schablonen geregelt, die restlichen Dinge ergeben sich auch für Neueinsteiger mit jedem Bauabschnitt, vorausgesetzt man beschäftigt sich mit Sinn und Funktion der Einzelheiten.
Zum Material
Die im Buch enthaltene Materialliste ist ein wenig unübersichtlich, aber wenn man sich mit Papier und Bleistift bewaffnet hat und ein gutes Wörterbuch Englisch - Deutsch bereitliegt, kann es losgehen. Viele Dinge hatte ich noch, manche musste ich erst einmal im Internet suchen und hier fand ich ein Onlinegeschäft, welches mich in Preis, Lieferung und Verpackung echt überrascht hat. Fly-Scale aus Wesel.
Zum Bau
1. Woche
Als erstes fertigte ich den Kiel aus Pappelsperrholz. Dann besorgte ich mir Karton, um die zuvor im Kopierer vergrößerten Pläne aufzukleben und auszuschneiden. Erst dann übertrug ich die Risse auf das 6mm Balsaholz und begann die einzelnen Teile mit einem scharfen Teppichmesser und der Laubsäge auszusägen.
Diese wurden mit wasserfesten Holzleim aufeinandergeklebt und anschließend geschliffen.
Der Konstrukteur weist daraufhin, dass die Teile ca. 2 mm größer ausfallen sollen. Hier war ich ein wenig "knausrig". Dies sollte sich nach dem Grobschleifen als zusätzliche Arbeit herausstellen, denn fehlendes Holz musste aufgedickt werden und konnte erst dann entsprechend geformt werden. Optisch nicht zu erkennen, rein arbeitszeittechnisch aber mindestens eine Stunde zusätzlich.
Beim nächsten Mal einfach das Ganze 2mm größer ausschneiden. Spart Zeit und Ärger.
Das Deck aufzubringen war eigentlich kein Problem, allerdings hätte ich hier nicht an Nadeln zur Fixierung knausern sollen, Nach dem Öffnen der Plicht und der RC-Öffnung stellte ich fest, dass nicht alle Bereiche vollständig verklebt waren. Hier musste ich Klebstoff einträufeln und geduldig mit den Fingerchen die Teile zusammenpressen.
Beim nächsten Mal werde ich nicht mit Klebstoff sparen, darauf achten, dass die Rumpfoberfläche glatt und eben ist und genug Klebstoff aufgetragen wurde. Die Anzahl der Nadeln wird signifikant größer ausfallen.
Die kleine 2mm x 2mm Leiste auf dem Deck kann leicht vorgebogen werden, dies vereinfacht das Aufkleben. Wenn jetzt noch ausreichend kleine Nadeln zum Einsatz kommen, dann ist das eine einfache Arbeit.
Beim nächsten Mal wird der Rumpf, das Deck und die kleine Leiste gemeinsam abgeschliffen, so entstehen keine Unebenheiten an den Seiten. Aber nur eine Kleinigkeit...
2. Woche
Am Rumpf werden jetzt die Löcher gebohrt. Hier ist Präzision und die Wahl der richtigen Bohrer gefordert. Die Kombination von Balsaholz und Sperrholz lässt den Bohrer nur schwer unter Kontrolle halten. Insbesondere beim Ruder besteht die Gefahr, dass sich der Bohrer nicht genau durch das Sperrholz bohrt, sondern in das umliegende Balsaholz "entschwindet".
Beim nächsten Mal: Werde ich nicht nur die Bohrung für das Ruder vorher anfertigen, indem ich einen Kanal aus aufgeklebten Sperrholzbrettchen auf beiden Seiten schaffen werde, sondern auch die Öffnung für den Kiel so gestalten, das bietet Stabilität. Im Falle des Ruders kann man sogar an ein Kunststoffröhrchen denken, welches das Problem des eintretenden Wassers lösen könnte.
Nachdem die Suche nach geeignetem Baumaterial etwas schleppend verlief, dies ist der stetig schrumpfenden Zahl an Fachgeschäften und deren ebenfalls schrumpfenden Angebotsvielfalt geschuldet, widmete ich mich den Masten. Hier bereiteten nur die Sperrholzteile Probleme, da diese beim Aussägen und Feilen gerne splitterten.
Das Kielschwert wurde aus etwas festerem Sperrholz gebaut und hatte dabei etwas mehr Gewicht, als dies in der Bauanleitung angegeben war. Hier konnte ich durch Schmiergeln... viel Schmiergeln das Gewicht reduzieren. Ein weiterer Grund für das etwas höhere Gewicht ist auch meiner Entscheidung zu verdanken, dass das Schwert nicht an der Bleibombe aufhört, sondern diesen Bereich einschließt. Somit kann ich meine eigene selbstgebaute Bleibombe seitlich aufkleben.
Beim nächsten Mal werde ich auf die Erfahrungen nach den ersten Fahrten zurückgreifen können und das Bleigewicht und die Kielform entsprechend anpassen.
Die Bleibombe bereitete mir auch etliche Kopfschmerzen. Zum einen kannte ich die Form nicht, auch wenn ich das Gewicht grob kannte, zum anderen wollte ich diese zweiteilig haben, um sie - nach den schlechten Erfahrungen mit den schlechten Befestigungsmöglichkeiten bei der Clipper - an den Kiel anzukleben. Ich fertigte mir einen Holzrohling (eine Halbschale), überzog diesen mit Alufolie, legte ihn auf eine Glasplatte und übergoss das Ganze mit Gips. Eigentlich wollte ich noch eine flache Gipsform anfertigen, mit der ich die andere Gipsform abdecken wollte, jedoch kam es beim Gießen nicht dazu, da mein Holzmodell, zwar basierend auf dem Plan, zu groß ausfiel und ich viel zu viel Blei eingebracht hätte. Ich legte also nur die Halbschalen-Gipsform waagrecht hin und füllte diese mit 150g Blei. Dadurch sind beide Gussteile fast gleich groß und können beidseitig auf das Holz geklebt werden. Nur noch ein wenig schleifen und spachteln und schon müsste es passen.
Beim nächsten Mal kenne ich jetzt die Größe der Bombe und kann sie mithilfe einer geeigneten Gießform an einem Stück bauen.
Nebenbei traf die Sendung mit den benötigten RC-Komponenten ein. Somit konnte auch die RC-Trägerplatte gebaut werden. Diese wurde nach den Plänen gebaut und an die Gegebenheiten im Boot angepasst. Vermutlich müssen noch ein paar Änderungen durchgeführt werden, wenn das gesamte Boot fertig ist, aber dies wird sich zeigen.
Während des Baus stellen sich immer wieder neue Fragen. So auch die Montage der vielen Ösen, die für das sogenannte "rigging" benötigt werden. Da der Rumpf aus Balsaholz besteht wollte ich die Messingösen nicht einfach - wie im Bauplan beschrieben - in vorgebohrte Löcher mit Sekundenkleber einkleben, sondern führte Zug-, Reiß- und Rütteltests durch. Es zeigte sich, dass die einfach in das Balsaholz eingeklebte Öse zwar nicht herausgerissen werden konnte, aber sehr stark begann zu wackeln. Die zuvor in einen 5mm Kieferholzdübel eingesetzten Ösen, die mit Holzleim in das Balsaholz eingeklebt wurden, widerstanden allen durchgeführten Tests. Ob die simulierten Zug-, Rüttel- und Reißtests auch der Realität entsprechen, wird sich zeigen.
3. Woche
Jetzt ist die Zeit der vielen Details und vieler Grübeleien. Wohin setze ich die Befestigungsösen für die Takelage, denn wie bereits oben erwähnt, sind in den Plänen nicht alle Ösen gezeigt, die auf den Fotos der finalen Presto-Version aber auftauchen.?Wo genau muss ich die Öffnungen auf dem Kabinendach setzen? Daher sind die Bilder nicht repräsentativ für die Zeit, die aufgebracht wurde.
Alleine der Bau des gebogenen Baums kostete mich einen Abend, auch wenn es Spaß machte.